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Warum braucht ein angestellter Arzt eine eigene Berufshaftpflichtversicherung?



Die Haftung angestellter Ärztinnen und Ärzte


Laut Kassenärztlicher Bundesvereinigung arbeitet mittlerweile fast jeder fünfte Arzt als Angestellter. Der Trend zur Anstellung bleibt bei Ärzten ungebrochen, denn dadurch entfällt das unternehmerische Risiko der Selbstständigkeit und es lassen sich auch flexiblere Arbeitszeitmodelle realisieren.


Wie verhält es sich mit der Arzthaftung als angestellter Arzt ? Anzunehmen, dass der Arbeitgeber alles für einen regelt ist leider ein Trugschluss. Es muss unterschieden werden, zwischen der Haftung im Außen- und der im Innenverhältnis.


Die ärztliche Haftung im Außenverhältnis


Grundsätzlich ist es so, dass der Arbeitgeber vertraglich im Außenverhältnis zu Dritten (Patienten, Vertragspartner, Kostenträger) für die Tätigkeit des angestellten Arztes haftet und daher selbst in Anspruch genommen wird, wenn dem Arbeitnehmer Fehler unterlaufen. Der angestellte Arzt dient lediglich als Erfüllungsgehilfe für die vertraglichen Verpflichtungen des Arbeitgebers.


Der Arbeitnehmer kann aber im Falle der sogenannten “deliktischen Haftung” oder bei strafrechtlich relevanten Sachverhalten direkt betroffen sein.


Im Bereich der Behandlungsfehlervorwürfe werden von Patienten aus prozesstaktischen Gründen oftmals sowohl der Arbeitgeber als auch der behandelnde angestellte Arzt in Anspruch genommen. Sie haften in diesen Fällen dann als sogenannte “Gesamtschuldner”. Das bedeutet, beide haften in voller Höhe.



Die ärztliche Haftung im Innenverhältnis


Der Arbeitnehmer kann sich in vielen Fällen auf den arbeitsrechtlichen, innerbetrieblichen Freistellungsanspruch berufen. Der Arbeitgeber ist bei betrieblich veranlassten Tätigkeiten abhängig vom Verschuldensgrad zur (teilweisen) Übernahme der Kosten im Innenverhältnis verpflichtet. Dabei wird der Verschuldensgrad in leichte bzw. einfache, normale bzw. mittlere, grobe Fahrlässigkeit und Vorsatz unterteilt.


Leichte bzw. einfache Fahrlässigkeit führt zu einer vollumfänglichen Haftungsfreistellung; Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit grundsätzlich zu einer vollen Haftung des Arbeitnehmers.


Eine quotale Haftung kommt aber nur ausnahmsweise in Betracht. Im Rahmen der normalen bzw. mittleren Fahrlässigkeit erfolgt eine Schadenquotelung, die im Ergebnis von einer Abwägung der Gesamtumstände im Einzelfall abhängt.



 

Bei beamteten Ärzten bzw. bei Arbeitsverhältnissen auf Grundlage des BAT/TvÖD/TV-L/TV-Ärzte(VKA) beschränkt sich die Haftung auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit.


 


Grenzen des arbeitsrechtlichen Freistellungsanspruchs und die Folgen daraus


Für einen angestellten Arzt sind diese Ansprüche in der Regel durch die Betriebs- bzw. Berufshaftpflicht des Arbeitgebers mitversichert. Doch sollte sich jeder über den Versicherungsschutz seines Arbeitgebers informieren, um den eigenen Versicherungsschutz entsprechend anpassen zu können.


Auch bei vollumfänglicher Einbeziehung in den Versicherungsschutz des Arbeitgebers bleiben trotzdem noch Risiken bestehen. Wenn beispielsweise persönliche Differenzen zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber bestehen, könnte es dazu kommen, dass der Arbeitgeber die Anspruchsabwehr (trotz des bestehenden Anspruchs) verweigert. Auch wenn die Versicherungsprämie nicht bezahlt wurde oder aber der Arbeitgeber insolvent ist, kann das für den Arbeitnehmer nachteilig ausfallen.


Wir empfehlen angestellten Ärzten eine eigene Berufshaftpflichtversicherung, die die Absicherung der dienstlichen Tätigkeit umfasst. Die Leistung besteht hier schwerpunktmäßig in der Anspruchsabwehr, sowie der Prüfung und Durchsetzung des arbeitsrechtlichen Freistellungsanspruchs gegenüber dem Arbeitgeber. Zum Leistungsumfang gehört auch die ggf. notwendige Vertretung im Rahmen eines Strafverfahrens. Dabei werden hier ausschließlich die Interessen des angestellten Arztes vertreten, da diese nicht immer mit denen des Arbeitgebers gleichlaufend sind (beispielsweise bei Mitverschulden des Arbeitgebers oder anderer Angestellter etc.).


Regressanspruch eines Krankenhausträgers gegen angestellten Arzt in Weiterbildung


Wie verhält es sich im folgenden Beispiel mit der Arzthaftung?

Im Rahmen ihrer Facharztausbildung führt eine Ärztin unter Anleitung eines Oberarztes eine Appendektomie durch. Bei diesem Eingriff entfernte sie statt des Appendix ein Ovar. Ärztin und Oberarzt hatten zu dieser Zeit einen beamtenrechtlichen Status.

Daraufhin verklagt die Patientin die Bundesrepublik Deutschland als Träger des Krankenhauses. Der gerichtliche Sachverständige stellt einen groben Behandlungsfehler fest, woraufhin die Bundesrepublik Deutschland rechtskräftig zur Zahlung eines Schmerzensgeldes in fünfstelliger Höhe und zum Ausgleich künftiger materieller und immaterieller Ansprüche verurteilt wird.

Das zuständige Bundesamt wirft auf Grundlage des gerichtlichen Gutachtens dem ausbildenden Oberarzt und gleichzeitig auch der in Ausbildung befindlichen Ärztin eine grob fahrlässige Verletzung der Dienstpflichten vor. Ein grober Behandlungsfehler impliziert nicht regelmäßig eine grobe Fahrlässigkeit.

Ein Regressanspruch der Bundesrepublik käme gemäß § 24 Abs. 1 Soldatengesetz nur dann in Betracht, wenn eine Dienstpflicht – hier die lege artis durchzuführende Behandlung – vorsätzlich oder grob fahrlässig verletzt worden wäre.

Bei dem bis hierhin beschriebenen Fall, handelt es sich um ein echtes Beispiel, welches so stattgefunden hat.

Wie ging es weiter?

Das dafür zuständige Bundesamt setzte in seinem Bescheid rechtsfehlerhaft den Begriff der groben Fahrlässigkeit mit dem des groben Behandlungsfehlers gleich. Nach der Rechtsprechung liegt ein „grober Behandlungsfehler“ dann vor, wenn das ärztliche Verhalten eindeutig gegen gesicherte medizinische Erkenntnisse oder bewährte ärztliche Behandlungsregeln verstößt und der Arzt einen Fehler begeht, der aus objektiver Sicht nicht mehr verständlich erscheint und einem Arzt schlechterdings nicht unterlaufen darf (vgl. BGH, Urt.v. 03.07.2001 – VI ZR 418/99,; Urt.v.25.10.2011 – VI ZR 139/10 ).

Im Sinne des § 277 BGB liegt grobe Fahrlässigkeit dann vor, wenn die im Verkehr erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt wurde, also dann, wenn schon ganz naheliegende Überlegungen nicht angestellt wurden und das nicht beachtet wurde, was im gegebenen Fall jedem einleuchten musste. Dabei muss – anders als beim groben Behandlungsfehler – den Handelnden auch in subjektiver Hinsicht ein schweres Verschulden treffen (vgl. BGH a. a. O.).

Da die Ärztin im Rahmen ihrer Ausbildung unter Aufsicht und Anleitung eines Oberarztes operierte, kann ein aus subjektiver Sicht schweres Verschulden in diesem Fall nicht unterstellt werden. Gegen die Regressforderung des Bundesamts musste sich die Ärztin trotzdem zur Wehr setzen. Aufgrund des Beamtenrechtsverhältnisses erging die Anforderung des Regressbetrags im Verwaltungsverfahren durch Leistungsbescheid.

Gegen solche Leistungsbescheide muss innerhalb der gesetzlich vorgegebenen Fristen Beschwerde eingelegt werden, ansonsten würde der Bescheid rechtskräftig und damit unangreifbar.

Für einen juristischen Laien stellt die Beachtung dieser besonderen Verfahrensvorschriften neben der haftungsrechtlichen Einordnung des Sachverhalts eine kaum lösbare Aufgabe dar. Deshalb ist in solchen Fällen eine juristische Vertretung dringend anzuraten.

Dieses Beispiel zeigt deutlich, dass die eigene Berufshaftpflichtversicherung auch für angestellte Ärzte in der Aus- bzw. Weiterbildung unverzichtbar ist. Durch diesen Versicherungsschutz, wird man bei solchen Verfahren von spezialisierten Schadenjuristen begleitet, externe Rechtsanwälte werden beauftragt und die hierfür anfallenden Kosten werden übernommen.


Welche Berufshaftpflichtversicherung ist für dich die richtige?


Während der Aus- und Weiterbildung ist das Thema “Berufshaftpflichtversicherung” für Ärztinnen und Ärzte nicht besonders kompliziert. Es gibt nur wenige, sehr gute Anbieter, die den Versicherungsschutz zu sehr günstigen Beiträgen anbieten (rund 70 € im Jahr, inkl. Privathaftpflichtversicherung). Wenn du allerdings auch schon während deiner Aus- und Weiterbildung Honorar- oder Ehrenamtliche ärztliche Tätigkeiten ausübst, muss der Versicherungsbedarf genauer geprüft werden.

Mit Facharztanerkennung und dem weiteren beruflichen Verlauf, steigt die Herausforderung zur Absicherung der beruflichen Haftungsrisiken auf eine neue Ebene. Als unabhängige Versicherungsmakler können wir für dich Angebote bei unterschiedlichen Anbietern anfragen und so die für dich geeignete Absicherung darstellen.


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