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Reicht die Rente aus dem Versorgungswerk?

Nach unserer Erfahrung ist den meisten Ärztinnen und Ärzten durchaus bewusst, dass eine eigene private Altersvorsorge wichtig ist, wenn man auch im Alter gut leben möchte. Umso erstaunlicher ist es, dass es auch vorkommt, dass sich der eine oder andere dieser Tatsache nicht bewusst ist und die Erwartung besteht, dass man aus dem Versorgungswerk am Ende des Berufslebens in etwa so viel bekommt, wie man verdient hat.



Mit welcher Rente aus deinem Versorgungswerk kannst du rechnen?


Rente Frauen ärztliches Versorgungswerk

Die Höhe deiner Rente aus dem Versorgungswerk hängt von verschiedenen Faktoren ab. Im Wesentlichen geht es darum, wie lange und wie viel du eingezahlt hast. Und hier wird es kompliziert.


Als Ärztin oder Arzt bekommst du einmal im Jahr einen Bescheid von deinem Versorgungswerk. Auf diesem Bescheid kannst du erkennen, wie hoch deine Rente später voraussichtlich sein wird. Bitte beachte, dass diese Werte nicht garantiert sind. Je nach wirtschaftlicher Lage kann das Versorgungswerk die Rentenzahlungen anpassen, also auch kürzen.


Für die Versorgungswerke in Nordrhein-Westfalen beispielsweise ist eine Insolvenz gesetzlich ausgeschlossen. Dies ergibt sich aus § 12 Abs. 1 Satz 2 InsO in Verbindung mit § 78 Abs. 3 Satz 2 Verwaltungsvollstreckungsgesetz NRW.

Die Versorgungswerke sind verpflichtet, ihre Anlagen nach den Grundsätzen der Sicherheit und Rentabilität zu tätigen. Das Versicherungsaufsichtsgesetz schreibt vor, dass das Vermögen so anzulegen ist, dass möglichst große Sicherheit und Rentabilität bei jederzeitiger Liquidität erreicht wird.

Viele Versorgungswerke haben Vorsorgemaßnahmen wie die Bildung von Zinsschwankungsreserven getroffen, um für Zeiten niedriger Zinsen gewappnet zu sein.

Wichtig ist jedoch, dass es keine staatliche Garantie für die eingezahlten Beiträge gibt, sollte ein Versorgungswerk tatsächlich in finanzielle Schwierigkeiten geraten. Die Versorgungswerke stehen vor Herausforderungen wie beispielsweise dem demografischen Wandel, was sich auf ihre finanzielle Stabilität auswirken kann.



Faktor “Dauer der Einzahlung”


Wenn du länger arbeitest, bekommst du auch mehr Rente. Da sich die Prognosen in der Regel auf das gesetzliche Renteneintrittsalter von 67 Jahren beziehen, musst du immer davon ausgehen, dass diese Summe nur gilt, wenn du wirklich bis 67 voll arbeitest. Wenn du das nicht tust, bekommst du weniger Rente. Grob kann man sagen: Wenn du zum Beispiel mit 65 Jahren in Rente gehst, verlierst du 15 Prozent deiner Rente. Willst du bereits mit 60 Jahren in Rente gehen, verringert sich dein Rentenanspruch um ca. 45%.


Neben einem möglichen Renteneintritt vor dem 67. Lebensjahr führen auch Zeiten der Teilzeitbeschäftigung dazu, dass deine Rentenansprüche sinken, da du weniger Beiträge eingezahlt hast.



Faktor “Höhe der Einzahlung"


Je mehr du in dein Versorgungswerk einzahlst, desto höher ist deine Rente. Allerdings musst du wissen, dass deine Rentenansprüche nicht automatisch mit deinem Einkommen steigen. Wenn du zum Beispiel Oberarzt bist und 150.000 € brutto im Jahr verdienst, bekommst du nicht mehr Rente als ein Kollege, der “nur” 95.000 € brutto im Jahr verdient. Das liegt daran, dass die Beiträge zum Versorgungswerk auf den Höchstbeitrag zur gesetzlichen Rentenversicherung gedeckelt sind. Im Jahr 2024 liegt der Höchstbeitrag in Westdeutschland bei 90.600 € und in Ostdeutschland bei 89.400 €. Einkommen, die über diesen Werten liegen, führen nicht zu einem weiteren Anstieg der Beiträge zum Versorgungswerk. Damit kann auch die zu erwartende Rente nicht weiter steigen. Für Gutverdiener mit entsprechendem Lebensstandard kann das problematisch werden.


Aus der Höhe und der Dauer der Einzahlung wird bei deinem Versorgungswerk ein "Durchschnittsquotient" errechnet. Liegt dieser bei 1,0000, hast du im Durchschnitt den vollen Regelpflichtbeitrag gezahlt. Liegt er darüber, hast du im Durchschnitt mehr als den Regelpflichtbeitrag eingezahlt, was zu einer höheren Rente führt.


Dies kann z.B. durch freiwillige Zuzahlungen der Fall sein.


Hier gehts zum Blog-Beitrag "Freiwillige Zuzahlung zum Versorgungswerk".


Rente aus dem Versorgungswerk




Faktor “Versorgungswerk”


Für die Höhe der Rente ist auch das persönliche Versorgungswerk relevant. Nicht alle ärztlichen Versorgungswerke zahlen die gleiche Rente. Jedes Versorgungswerk ist für sich selbst verantwortlich und bestimmt individuell den sogenannten Rentensteigerungsbetrag. Und damit auch, wie viel Rente es einmal auszahlen will / muss / kann. Die Herausforderungen, vor denen die Versorgungswerke dabei stehen, sind ähnlich denen der gesetzlichen Rentenversicherung.


Entscheidend für die Auswahl des Versorgungswerkes ist der Standort des Arbeitgebers bzw. deiner Praxis. Eine Übersicht über alle ärztlichen Versorgungswerke findest du unter https://www.abv.de/aerzte.html


Auch die Mediziner*innen werden immer älter und es kommen zu wenig neue Kolleg*innen hinzu (demografischer Wandel). Gleichzeitig wird das demografische Problem in den ärztlichen Versorgungswerken durch den hohen Frauenanteil verschärft (Feminisierung). Statistisch gesehen leben Frauen länger als Männer. Diese Tatsache führt zwangsläufig dazu, dass in einem Versorgungswerk mit einem hohen Frauenanteil die Renten länger gezahlt werden müssen. Da Frauen im statistischen Durchschnitt aber auch die Personen sind, die überwiegend keine durchgängige Erwerbsbiographie aufweisen (Elternzeit, Familie etc.), stellt dies die Versorgungswerke vor entsprechende Herausforderungen.



Was ist der Rentensteigerungsbetrag?


Der Rentensteigerungsbetrag ist ein fester Geldbetrag, der jährlich von den Versorgungswerken festgelegt wird.


Er dient als Berechnungsgrundlage für die individuelle Rentenhöhe der Mitglieder. Der Rentensteigerungsbetrag wird regelmäßig überprüft und angepasst, um der wirtschaftlichen Entwicklung und der finanziellen Lage des Versorgungswerks Rechnung zu tragen.


Diese Anpassungen können zu einer Erhöhung, Stagnation oder auch (bisher in seltenen Fällen!) zur Senkung der Rentenhöhen führen.



Berechnung Höhe der Altersrente aus dem ärztlichen Versorgungswerk


Wie bereits beschrieben, hängt die Höhe von verschiedenen Faktoren ab. Die Berechnung der Altersrente aus einem ärztlichen Versorgungswerk ist komplex und kann je nach Versorgungswerk unterschiedlich ausfallen. Hier ist ein allgemeines Beispiel, das die Grundprinzipien zeigt:


Beispiel


  • 40 Versicherungsjahre (32 Beitragsjahre + 8 beitragsfreie Jahre)

  • Durchschnittsquotient der Beiträge: 1,0000

  • Rentensteigerungsbetrag: 90,25 EUR


Beispiel


  1. Versicherungsjahre x Durchschnittsquotient x Rentensteigerungsbetrag

  2. 40 x 1,0000 x 90,25 EUR = 3.610,00 EUR


In diesem Beispiel würde die monatliche Altersrente 3.610,00 EUR betragen.


Vorzeitiger Rentenbeginn


Bei vorzeitigem Rentenbeginn, z.B. mit 60 Jahren, werden versicherungsmathematische Abschläge berücksichtigt:


  • Abschlag bei Rentenbeginn mit 60: 29,6%

  • Berechnung: 3.610,00 EUR - 29,6% = 2.541,44 EUR


Die vorzeitige Altersrente ab 60 Jahren würde in diesem Fall 2.541,44 EUR monatlich betragen.



Wichtige Hinweise


Die tatsächliche Rentenhöhe ist nicht garantiert und kann von verschiedenen Faktoren wie der Entwicklung der Kapitalanlagen und der demografischen Entwicklung abhängen.


Eine wichtige Rolle spielt der Rechnungszins, mit dem die Versorgungswerke das Kapital verzinsen. Bei einigen Versorgungswerken liegt er beispielsweise derzeit (Stand 09/2024) bei 3,5 % bis 2028 und danach bei 3,7 %.


Für eine genaue Berechnung und individuelle Prognose ist es ratsam, sich direkt an das zuständige Versorgungswerk zu wenden, da die Berechnungsmethoden und Faktoren von Versorgungswerk zu Versorgungswerk variieren können. Auf der Website deines Versorgungswerks kannst du online auf die so genannte Satzung zugreifen. Dort ist genau beschrieben, wie die Berechnung aktuell aussieht.

meinsternum berät umfassend zum Thema der Altersvorsorge für Ärztinnen und Ärzte und berücksichtigt dabei selbstverständlich die Bezüge aus dem Versorgungswerk oder weiterer Versorgungen.





Beispiele für die Rentenhöhe


Im folgenden Beispiel greifen wir die “historischen” Versorgungswerksbescheide einer Kundin auf. Die Dame ist 1969 geboren, hat 1995 angefangen als Ärztin zu arbeiten und hat einen relativ durchgängigen Arbeitsverlauf. Somit hat sie nahezu durchgängig den Angestelltenhöchstbeitrag gezahlt.


Im ersten uns vorliegenden Versorgungswerksbescheid aus 2009 kann man u.a. erkennen, dass ihr zum 67. Lebensjahr eine Rente in Höhe von 3.112,61 € prognostiziert wird. Ihr Beitrag den sie dafür ins Versorgungswerk zahlen muss liegt bei 1.074,60 € mtl.


Rente Versorgungswerk

Überspringen wir ein paar Jahre und schauen uns beispielsweise den Bescheid aus 2015 an. Hier lag der Höchstbeitrag bei 1.131,35 € mtl. und die Rentenprognose bei 3.058,69 €.


Rente ärztliches Versorgungswerk

Auffällig ist, dass der Beitrag zur Altersvorsorge zwar gestiegen ist (+56,75 € mtl.), die Rentenansprüche gleichzeitig aber gesunken sind (-53,92 € mtl.). Somit ist zu erkennen, dass die dargestellten Rentenhöhen tatsächlich lediglich Prognosen sind. Sie sind abhängig von den zuvor genannten Faktoren.


Blicken wir zum Schluss auf einen aktuellen Bescheid aus 2022:



Rente Ärztliches Versorgungswerk

Hier sind im Vergleich zu 2015 sowohl Beitrag als auch Rentenansprüche gestiegen.



Fazit


Mit deiner zu erwartenden Rente aus dem Versorgungswerk wirst du im Alter voraussichtlich nicht an Armut leiden! Die Rentenhöhe wird vermutlich höher ausfallen, als sie es bei einer vergleichbaren Zahlung in die Gesetzliche Rentenversicherung wäre. Zumal zu erwarten ist, dass neben deinen Rentenbezügen aus dem Versorgungswerk weitere zu erwarten sind (mindestens eine betriebliche Altersvorsorge, sofern du relevant lange eine solche geführt hast). Dennoch sollte klar sein, dass eine Rente in Höhe von 3.000 € bis 3.500 € mtl. für einen durchschnittlichen Arzt / Ärztin zu wenig ist. Bereits zu deinem Berufsstart verdienst du in voller Stelle über 4.500 € brutto. Weitere Gehaltsentwicklungen sind zu erwarten.


Du solltest berücksichtigen, dass die genannten Werte immer Brutto-Werte sind. Das bedeutet, dass du auf deine Renten noch Steuern und Krankenversicherungsbeiträge zahlen musst. Unabhängig von GKV oder PKV ist der Beitrag zur Krankenversicherung im Übrigen von dir alleine zu zahlen.


Einen Zuschuss zur Krankenversicherung, wie es das Gesetzliche Rentenversicherungssystem kennt, gibt es im Versorgungswerk nicht!


Und zu guter Letzt sei an dieser Stelle auf die Inflation hingewiesen. Wie du in den Beispielen sehen konntest, ist die Rentenprognose von 3.112,61 € im Jahr 2009 auf 3.216,50 € im Jahr 2022 gestiegen. Das entspricht einem “Inflationsausgleich” von 0,25% pro Jahr.



Was kannst du tun?


Es gibt viele unterschiedliche Möglichkeiten, um für sein Alter finanziell vorzusorgen. Eine pauschale Aussage, wie du das am besten machst, ist seriös nicht möglich. Sämtliche Konzepte haben unterschiedliche Vor- und Nachteile. So sind manche Modelle besonders flexibel, sehr inflationssicher oder bieten eine optimale steuerliche Förderung.


Ein unabhängiger auf Mediziner*innen spezialisierter Berater oder Beraterin kann dir dabei helfen, die für dich richtigen Entscheidungen zu treffen.




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