Reicht die Rente aus dem Versorgungswerk?
Nach unserer Erfahrung ist den meisten Ärztinnen und Ärzten durchaus bewusst, dass eine eigene, private Altersvorsorge wichtig ist, wenn man auch im Alter gut leben möchte. Umso verblüffender, dass es auch vorkommt, dass dem einen oder anderen dieser Umstand nicht klar ist und die Erwartungshaltung vorhanden ist, dass man aus dem Versorgungswerk doch ungefähr so viel bekommt, wie man zum Arbeitsende verdient hat.
Mit welcher Rente aus deinem Versorgungswerk kannst du rechnen?

Die Höhe deiner Rente aus dem Versorgungswerk hängt von verschiedenen Faktoren ab. Im Wesentlichen geht es darum, wie lange und wie viel du eingezahlt hast. Und hier wird es kompliziert.
Du erhältst als Arzt oder Ärztin einmal im Jahr einen Bescheid deines Versorgungswerkes. Daraus kannst du ableiten, wie deine Rente später vermutlich aussehen wird. Berücksichtige bitte, dass die Werte nicht garantiert sind.
Faktor “Dauer der Einzahlung”
Wenn du länger arbeitest, erhältst du mehr Rente. Da die Prognosen typischerweise das gesetzliche Renteneinstiegsalter, also das 67. Lebensjahr berücksichtigen, musst du bei der Betrachtung immer davon ausgehen, dass diese Summe nur gilt, wenn du wirklich durchgängig bis zu deinem 67. Lebensjahr voll arbeitest. Machst du das nicht, bekommst du weniger Rente. Grob kann man sagen, dass du beispielsweise bei einem Renteneinstieg zum 65. Lebensjahr 15% deiner Rente einbüßt. Würdest du schon mit 60 Jahren in den Ruhestand gehen wollen, sinkt dein Rentenanspruch um grob 45%.
Neben einem möglichen Rentenbezug vor dem 67. Lebensjahr, führen auch Zeiten der Tätigkeit in Teilzeit dazu, dass deine Rentenansprüche sinken, da du weniger eingezahlt hast.
Faktor “Höhe der Einzahlung"
Umso mehr du ins Versorgungswerk einzahlst, umso höher fällt deine Rente aus. Allerdings muss dir klar sein, dass die Rentenansprüche nicht mit steigendem Einkommen automatisch wachsen. Bist du beispielsweise Oberarzt und verdienst im Jahr rund 150.000 € brutto, bekommst du nicht mehr Rente als ein Kollege oder eine Kollegin, die “nur” 90.000 € brutto im Jahr verdient. Das liegt daran, dass die Beiträge ins Versorgungswerk bei dem Höchstbeitrag zur gesetzlichen Rentenversicherung gedeckelt werden. Im Jahr 2023 liegt der Höchstbeitrag bei 87.600 € für Westdeutschland und bei 85.200 € für Ostdeutschland. Einkommen über diesen Werten führen nicht dazu, dass deine Beiträge ins Versorgungswerk weiter steigen. Also kann auch die zu erwartende Rente nicht weiter steigen. Für Gutverdiener mit entsprechendem Lebensstandard kann das problematisch werden.
Faktor “Versorgungswerk”
Auch dein persönliches Versorgungswerk ist ein relevanter Faktor für die Höhe deiner Rente. Die ärztlichen Versorgungswerke zahlen nicht alle dieselbe Höhe an Rente aus. Jedes Versorgungswerk ist für sich selbst zuständig. Somit auch dafür, wie viel Rente es mal zahlen will / muss / kann. Die Herausforderungen, die die Versorgungswerke hierbei zu meistern haben, sind denen der gesetzlichen Rentenversicherung ähnlich. Auch Medizinerinnen und Mediziner werden immer älter und es kommen zu wenig neue Kolleg*innen hinzu (demografischer Wandel). Gleichzeitig wird das demografische Problem in den ärztlichen Versorgungswerken durch den hohen Frauenanteil noch verschärft (Feminisierung). Frauen leben statistisch gesehen länger als Männer. Dieser Umstand führt zwangsweise dazu, dass in einem Renten-System mit einem hohen Frauenanteil die Renten länger gezahlt werden müssen. Da Frauen im statistischen Durchschnitt aber auch die Personen sind, die überwiegend keine durchgängige Arbeitsbiografie vorweisen können (Elternzeit, Familie etc.), stellt das die Versorgungswerke vor entsprechende Herausforderungen.
Beispiele für die Rentenhöhe
Im folgenden Beispiel greifen wir die “historischen” Versorgungswerksbescheide einer Kundin auf. Die Dame ist 1969 geboren, hat 1995 angefangen als Ärztin zu arbeiten und hat einen relativ durchgängigen Arbeitsverlauf. Somit hat sie nahezu durchgängig den Angestelltenhöchstbeitrag gezahlt.
Im ersten uns vorliegenden Versorgungswerksbescheid aus 2009 kann man u.a. erkennen, dass ihr zum 67. Lebensjahr eine Rente in Höhe von 3.112,61 € prognostiziert wird. Ihr Beitrag den sie dafür ins Versorgungswerk zahlen muss liegt bei 1.074,60 € mtl.

Überspringen wir ein paar Jahre und schauen uns beispielsweise den Bescheid aus 2015 an. Hier lag der Höchstbeitrag bei 1.131,35 € mtl. und die Rentenprognose bei 3.058,69 €.

Auffällig ist, dass der Beitrag zur Altersvorsorge zwar gestiegen ist (+56,75 € mtl.), die Rentenansprüche gleichzeitig aber gesunken sind (-53,92 € mtl.). Somit ist zu erkennen, dass die dargestellten Rentenhöhen tatsächlich lediglich Prognosen sind. Sie sind abhängig von den zuvor genannten Faktoren.
Blicken wir zum Schluss auf einen aktuellen Bescheid aus 2022:

Hier sind im Vergleich zu 2015 sowohl Beitrag als auch Rentenansprüche gestiegen.
Fazit
Mit deiner zu erwartenden Rente aus dem Versorgungswerk wirst du im Alter voraussichtlich nicht an Armut leiden! Die Rentenhöhe wird vermutlich höher ausfallen, als sie es bei einer vergleichbaren Zahlung in die Gesetzliche Rentenversicherung wäre. Zumal zu erwarten ist, dass neben deinen Rentenbezügen aus dem Versorgungswerk weitere zu erwarten sind (mindestens eine betriebliche Altersvorsorge, sofern du relevant lange eine solche geführt hast). Dennoch sollte klar sein, dass eine Rente in Höhe von 3.000 € bis 3.500 € mtl. für einen durchschnittlichen Arzt / Ärztin zu wenig ist. Bereits zu deinem Berufsstart verdienst du in voller Stelle über 4.500 € brutto. Weitere Gehaltsentwicklungen sind zu erwarten.
Du solltest berücksichtigen, dass die genannten Werte immer Brutto-Werte sind. Das bedeutet, dass du auf deine Renten noch Steuern und Krankenversicherungsbeiträge zahlen musst. Unabhängig von GKV oder PKV ist der Beitrag zur Krankenversicherung im Übrigen von dir alleine zu zahlen. Einen Zuschuss zur Krankenversicherung, wie es das Gesetzliche Rentenversicherungssystem kennt, gibt es im Versorgungswerk nicht. Und zu guter Letzt sei an dieser Stelle auf die Inflation hingewiesen. Wie du in den Beispielen sehen konntest, ist die Rentenprognose von 3.112,61 € im Jahr 2009 auf 3.216,50 € im Jahr 2022 gestiegen. Das entspricht einem “Inflationsausgleich” von 0,25% pro Jahr.
Was kannst du tun?
Es gibt viele unterschiedliche Möglichkeiten, um für sein Alter finanziell vorzusorgen. Eine pauschale Aussage, wie du das am besten machst, ist seriös nicht möglich. Sämtliche Konzepte haben unterschiedliche Vor- und Nachteile. Dies erleichtert die Entscheidungsfindung in der Regel nicht. Ein unabhängiger auf Mediziner*innen spezialisierter Berater oder Beraterin kann dir dabei helfen, die für dich richtigen Entscheidungen zu treffen.